DEHOGA MV PM - Trotz Sommersaison kämpft das Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern um das nackte Überleben - Saisonbilanz 2020
DEHOGA MV Präsident Schwarz warnt: „Wir dürfen uns nicht täuschen lassen! Wir haben lediglich eine saisonale Verschnaufpause! // Trotz Sommersaison kämpft das Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern um das nackte Überleben!
Auch nach Wiedereröffnung stehen über 50 Prozent der Betriebe mit dem Rücken an der Wand // Hinter jedem einzelnen Betrieb stecken Schicksale von Unternehmerfamilien und deren Mitarbeitern // Weitere Unterstützungsmaßnahmen sind dringend notwendig.
Auch wenn in Mecklenburg-Vorpommern in der Gastronomie unter Auflagen wieder Gäste bewirtet und in der Hotellerie wieder Touristen beherbergt werden dürfen, ist die Lage in der Branche dennoch existenziell bedrohlich. Nach Monaten ohne Umsatz klaffen riesige Löcher in den Bilanzen. Die Umsätze liegen weit unter den Vorjahreswerten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), an der sich etwa 200 Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern beteiligten. DEHOGA MV-Präsident Lars Schwarz schlägt Alarm und mahnt dringend weitere Unterstützung für die Branche an: „Über 40 Prozent der befragten Betriebe sehen sich in ihrer Existenzgefährdet. Das ist kein Wunder, fehlen doch allein zwischen Mitte März und Ende Mai allein 500 Millionen Euro Umsatz im Gastgewerbe Mecklenburg-Vorpommerns. Um Arbeitsplätze und Betriebe zu retten und eine Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes zu verhindern, fordern wir eine Verlängerung der Kurzarbeitergeld-Regelung auf 24 Monate, die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke, eine Verlängerung der Überbrückungshilfen sowie eine gesetzliche Regelung zur coronabedingten Pachtminderung.“ Präsident Schwarz weiter: „Die Krise ist noch längst nicht vorbei, hier täuscht die aktuelle Situation. Der traditionell umsatzschwache Winter ist lang. Die Angst, die nächste Saison nicht zu erreichen, ist riesengroß.“
Pandemie würgt gute Entwicklung ab
Starke Umsatzverluste bedrohen die Branche
Die Corona-Pandemie ist für das hiesige Gastgewerbe die größte Krise der Nachkriegszeit. Unverschuldet mussten die Betriebe als erste schließen und dürfen zumindest in Teilen bis heute noch nicht öffnen. Von Januar bis Juli beklagen die Betriebe laut der aktuellen Umfrage durchschnittliche Umsatzverluste in Höhe von 50 Prozent. Dabei betrugen die Einbußen im März bereits 61,0 Prozent, im April dramatische 91 Prozent, im Mai 71 Prozent, im Juni 32 Prozent und im Juli 23 Prozent. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Umsatzrückgang im Schnitt von mindestens 40 Prozent. Ein Grund für die Umsatzverluste sind neben dem Lockdown auch die coronabedingten Vorschriften. Aufgrund der Abstandsgebote ist die Kapazität der Betriebe um mehr als ein Drittel eingeschränkt. „Das aktuelle Bild in den Tourismusregionen täuscht über die tatsächliche Situation hinweg. Gegenwärtig befinden wir uns in einer Phase des wirtschaftlichen Durchatmens, wenngleich nicht alle Unternehmen auch nur im Ansatz die Zahlen der Vorjahressaison erreichen. Hotelzimmer sind nicht zu 100 Prozent ausgelastet, die Kapazität in der Gastronomie ist durch Abstandsgebote künstlich verknappt. Viele Unternehmer kämpfen heute immer noch um ihre Existenz, um die ihrer Familien und um die ihrer Mitarbeiter. Hinter jeder Zahl stehen Einzelschicksale,“ erklärt Schwarz.
Der Präsident weiter: „Die Lage bei der vom Tagungsgeschäft lebenden Stadthotellerie, bei den Clubs und Diskotheken sowie bei den Eventcaterern ist dramatisch. Verzweifelte Kollegenberichten uns täglich von ihrer nackten Existenzangst. Die Betriebe wissen nicht, wie sie durch die Krise kommen können und befürchten das Schlimmste.“
Insgesamt 4 Prozent der gastgewerblichen Betriebe sind nämlich laut der Umfrage im Land noch nicht geöffnet. Dazu zählen neben Discotheken und Clubs vor allem kleinere Restaurantsund Cafés, Kneipen und Bars, bei denen sich aufgrund der Abstandsgebote die Öffnung nicht rechnet. Schwarz dazu: „ Hier sieht man die existenzielle Not von Unternehmern, ihren Familien und Mitarbeitern ganz besonders deutlich. Ohne Eigenverschulden bis heute keine Öffnungsmöglichkeit, seit Monaten keine Einnahmen, Perspektivlosigkeit und Überlebensangst pur.“
Jobmotor Gastgewerbe kommt ins Stottern
Erste Auswirkungen auf gastgewerblichen Arbeitsmarkt
Die Corona-Pandemie hat merkliche Auswirkungen auf den gastgewerblichen Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern. Über 90 Prozent der Betriebe haben Kurzarbeitergeld beantragt. Präsident Schwarz: „Zum Glück für unsere Belegschaften erweist sich das Kurzarbeitergeld als besonders wirksames Instrument zur Abfederung der Corona-Folgen auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitgeber haben maximal verantwortungsbewusst um den Erhalt der Arbeitsplätze gerungen. Als „wichtiges Signal“ wertet der Präsident die Tatsache, dass 80 Prozent der Betriebe in der Zwischenzeit Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückgeholt haben.
Zugleich wertete Schwarz die Zusammenarbeit mit dem Sozialpartner positiv. Er sagt: „Die aktuelle Krisensituation ist von vertrauensvoller Zusammenarbeit gekennzeichnet. So tragen beide Sozialpartner verantwortungsvoll dazu bei, die Arbeitsplätze im Gastgewerbe zu sichern.“ Allerdings berichten in der Umfrage dennoch 24 Prozent der Betriebe von notwendigen Entlassungen, 20 Prozent planen dies, Stand heute. „Weiteren Entlassungen kann man nur mit einer Ausweitung des Kurzarbeitergeldes auf den Zeitraum von 24 Monaten begegnen“, ist sich Schwarz sicher.
Erfreulich ist hingegen, dass 99 Prozent der Betriebe bislang keine Aufhebung oder Kündigung der Ausbildungsverträge vorgenommen haben. Lars Schwarz dazu: „Gerade unlängst wurde mir dieser grundsätzlich positive Fakt aus Kammerkreisen bestätigt. Die Abschlüsse neuer Ausbildungsverträge erfolge zwar später als üblich, dennoch besteht große Hoffnung, dass der Ausbildungswillen des Gastgewerbes in Mecklenburg-Vorpommern durch die Krise nicht nachlässt. Gerade mit Blick auf unsere aktuelle Ausbildungskampagne „GastroBurner FoodTruck – Check ein und fang Feuer“ ein mutmachendes Signal.“
Insolvenzwelle im Herbst erwartet
Zusätzliche Branchenhilfen dringend erforderlich
Die aktuelle DEHOGA-Umfrage macht deutlich, dass weitere Unterstützung unerlässlich sei, um die Branche durch die Krise zu führen. 51 Prozent der Betriebe geben an, dass die bisher von Bund und Ländern angebotenen Liquiditätshilfen und Kreditprogramme nicht ausreichten, um die Krise zu bewältigen. 49 Prozent zeigen sich zufrieden.
Bei den bisher von den Betrieben genutzten Hilfsangeboten liegen laut Umfrage mit 66 Prozent die Soforthilfen vom Land und 51 Prozent die Soforthilfen vom Bund an vorderster Stelle.15 Prozent der Betriebe haben die KfW-Unternehmerprogramme in Anspruch genommen, 13 Prozent die KfW-Schnellkredite. Auf die Möglichkeit der Steuerstundung beziehungsweise die Herabsetzung der Vorauszahlungen durch die Finanzverwaltung haben 73 Prozent der Betriebe zurückgegriffen.
Da sich aber über 40 Prozent der Betriebe nach wie vor in ihrer Existenz bedroht sehen, sind weitere Unterstützungsmaßnahmen zur Rettung der Branche unerlässlich. „Der Blick auf den anstehenden Herbst und nahenden Winter treibt den Unternehmen zusätzlich Sorgenfalten auf die Stirn. Wie wird sich das Ausgehverhalten der Gäste entwickeln, wenn die Witterung keine Außengastronomie mehr zulässt? Auch die Vorbuchungsstände liegen in der Hotellerie deutlich hinter den Vergleichszahlen der Vorjahre. Zusätzlich liegt in großen Teilen das Tagungsgeschäft aufgrund der Auflagen immer noch am Boden. Dies lässt nichts Gutes erwarten. Außerdem bangen Hotels und Gaststätten um das wichtige Geschäft mit Firmenweihnachtsfeiern oder der klassisch-traditionellen Silvesterveranstaltung mit Tanz. Dieser dringend gebrauchte Umsatz droht komplett ins Wasser zu fallen. Hier sind mit Blick auf den notwendigen organisatorischen Vorlauf zeitnah verlässliche Aussagender Politik dringend notwendig. Die Unternehmen brauchen Klarheit darüber, ob, wie und unter welchen Voraussetzungen solche Veranstaltungen in diesem Jahr möglich sind. „Die Lage ist prekär, die Reserven sind aufgebraucht“ so Schwarz.
Abschließend fordert der Präsident des DEHOGA MV Mut und Zutrauen von der Landespolitik. „Die Branche hat selbst einen Plan zur schrittweisen Öffnung entwickelt und entsprechende Schutzstandards definiert. Diese wurden in entsprechenden Hygienekonzepten von den Unternehmen verantwortungsvoll umgesetzt. Die Befürchtungen aufflammender Infektionsherde haben sich nicht bestätigt. Dies zeigt eindeutig, die Schutzstandards und Hygienekonzepte sind zielführend und wirken. Natürlich kann und muss man den Unternehmen ein solch verantwortungsvolles Handeln zutrauen, auch den Bereichen, die heute noch keine oder kaum eine Perspektive haben. Eins zeigt sich nämlich in der Krise ganz deutlich, es gibt keine einzelnen und voneinander losgelöst agierenden Bereiche oder Branchen. Das Gastgewerbe, die Zulieferer, der Handel, der Tagestourismus, die Kultur – Wir sitzen alle im gleichen Boot! Dem sollte politisches Handeln auch weiterhin Rechnung tragen. Das aktuelle Infektionsgeschehen in Mecklenburg-Vorpommern ist deutlicher Beleg, dass weiter stufenweise und behutsam gelockert werden kann und muss!“