Diskussion um den Karenztag – Symptom eines Kampfes auf verlorenem Posten

Die umstritten geführte Diskussion um die Karenztage, deren Finanzierung und die insgesamt doppelt so hohen Krankenstände in Deutschland, verglichen mit dem Durchschnitt der EU, ist Symptom eines Kampfes auf verlorenem Posten, den Arbeitgeber und auch Führungskräfte mittlerweile ausfechten.
Die jahrelange Orientierung - forciert durch Politik und Gewerkschaften - auf maximale Ausweitung der Arbeitnehmerrechte und die im Gegenzug erfolgte schrittweise Beschneidung von Möglichkeiten der Arbeitgeber, individuell zu belohnen und zu motivieren, aber eben auch zu reglementieren, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen nicht erfüllt werden, haben die Unternehmen an die Grenzen des Machbaren gebracht. Während die Arbeitgeberpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer eine lange Liste aller möglichen Aspekte umfasst, beschränken sich Arbeitgeberrechte auf zwei bis drei Punkte.
Dass jetzt Groß-Konzerne und auch so manche Verwaltung feststellen, dass sie ihre Kosten und Leistungsfähigkeit besser im Auge haben müssen, weil die Dinge auch bei ihnen aus dem Ruder laufen und nun medial beachtete Vorstöße für Veränderungen wagen, bekommt auf einmal hohe politische Aufmerksamkeit. Dass der Mittelstand hier schon längst angekommen ist, wurde kaum gehört bzw. wollte nicht gehört werden.
Im Zuge der demografisch bedingten Personalknappheit, Ausweitung der Aufgaben durch immer neue Auflagen der Politik und der gestiegenen Kosten aller Art, kann vielfach das vorhandene Arbeitsvolumen nicht mehr realisiert werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hochbelastet, weil die Krisen in Kombination mit der wachsenden Bürokratie, dem Mangel an Fachkräften in den älter werdenden Belegschaften, der permanenten Einführung neuer Pflichtaufgaben und digitaler Systeme, diejenigen krank macht, die noch da sind. Da kann sich der Arbeitgeber drehen und wenden, vieles kann auch er nicht ändern und lässt sich auch nicht mit höheren Gehältern lösen, wenn diese überhaupt erwirtschaftet werden können.
Hinzu kommt, dass Gewerkschaften ihre Daseinsberechtigung einzig daraus ziehen, immer „noch etwas rauszuhandeln“. Und das Jahr für Jahr und vor allem im monetären Sinne. Mittlerweile sollte auch dort angekommen sein, dass es um die gemeinsame Rettung von Firmen und Arbeitsplätzen gehen sollte. Gemeinsam muss an erster Stelle stehen, wie kann Entlastung geschaffen und gute Bedingungen gefunden werden, um lange gesund arbeiten zu können. Hier Maßnahmen zu finden und zu fördern, sind in der derzeitigen Lage wichtiger als eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich oder irrwitzige Forderungen nach Lohnsteigerungen um 10 Prozent zu erstreiten. Es sind für Arbeitgeber und Führungskräfte arbeitsrechtlich kaum noch Mittel da, Leistungsträger zu belohnen und andere eben auch zu reglementieren. Permanent droht die Klage, auf Ungleichbehandlung, auf Diskriminierung oder anderes mehr.
Die Wirtschaft braucht dringend die Unterstützung durch die Politik und damit den Gesetzgeber, um in der Führung der Unternehmen und des Personals wieder handlungs-fähig zu werden und motivierende arbeitsmarktpolitische Modelle und Wege zu finden und auch umsetzen zu dürfen. Was sie nicht braucht, sind weitere politische Reglementierungen, siehe Mindestlohn oder anderes.
Arbeitgeber könnten zum Beispiel mit Steuererleichterungen und reduzierten SV Abgaben belohnt werden, die bereits Maßnahmen für eine „gesunde Arbeit“ umsetzen. Längst ist es für Unternehmen alternativlos, selbständig auf den hohen Krankenstand zu reagieren und gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagement bereitzustellen. Die laut Präventionsgesetz dafür auch zuständigen Krankenkassen halten sich mit wirksamen Maßnahmen jedoch zurück und bieten eher kosmetische Angebote statt nachhaltig wirkungsvolle.
Auch muss sich die Perspektive wandeln, statt Förderungen an die Schaffung von Arbeitsplätzen zu binden, wäre es mit Blick auf die hohen Zahlen an Menschen, die in den nächsten Jahren in Rente gehen, längst angebracht, Effizienzsteigerung und Einsparung von Arbeitsplätzen zu fördern und die freiwerdenden Potenziale für andere Bereiche im Unternehmen oder auch für andere Bereiche zu gewinnen.
Auf gesetzliche Neuregelungen aus dem Bund oder der EU zu warten, von denen vieles aktuell dem Wahlkampf geschuldet ist und nach der Wahl mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Erwähnung mehr findet, scheint recht aussichtslos.
Es könnte aber auch eine Landesregierung handeln und das Thema „Gesunde Arbeit“ in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen, die Krankenkassen im Bereich der betrieblichen Prävention stärker in die Verantwortung nehmen und dabei eben nicht nur die Arbeitnehmerperspektive einnehmen, sondern auch die Möglichkeiten und Grenzen der Arbeitgeber sehen und für gleichberechtigte Behandlung der Arbeitgeber- sowie Arbeitnehmerseite sorgen.
