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Ernährungswirtschaft trifft sich zum 4. Norddeutscher Ernährungsgipfel

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Mehr als 170 Fachleute aus Norddeutschland treffen sich am 2. September in Warnemünde zum 4. Norddeutschen Ernährungsgipfel (NEG). Veranstalter ist die Marketinggesellschaft der Agrar- und Ernährungswirtschaft Mecklenburg-Vorpommern e.V. (AMV). Nachdem der Gipfel im vergangenen Jahr kurzfristig aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste, geht es in diesem Jahr um den Zeitenwandel, die Veränderungen in der Gesellschaft sowie deren Auswirkungen auf die Branche.

Etwa ein Drittel der diesjährigen Teilnehmer reist aus anderen Bundesländern an. „Die Veranstaltung ist sehr gut besucht, wenn man die aktuelle Corona-Situation und die einschränkenden Regeln berücksichtigt. Neben Fachleuten aus der Ernährungsbranche und für die Branche wichtigen Zulieferbereichen begrüßen wir Vertreter aus Handel und Dienstleistung, Politik und Verwaltung, Wissenschaft, Kammern und Verbänden", freut sich AMV-Vorsitzender Tobias Blömer, "der Norddeutsche Ernährungsgipfel zählt zu Norddeutschlands wichtigsten Veranstaltungen der Wirtschaft und ist das erste größere Präsenz-Branchenevent in MV."

Durch die Corona-Pandemie haben sich die Absatzbedingungen in ganz Norddeutschland stark verändert. Während der Online-Handel mit Lebensmitteln keine vergleichbaren Steigerungsraten wie der Einzelhandel im Allgemeinen zu verzeichnen hat, haben die weltweiten Lockdowns und die unterschiedlichen Strategien der Pandemie dazu geführt, dass sich Logistikketten und Verfügbarkeiten von Roh- und Hilfsstoffen stark eingeschränkt haben. Regionale Wertschöpfungsketten sind ein Hoffnungsschimmer, aus Sicht der Wirtschaft müssen diese viel stärker unterstützt werden. Allerdings muss realistischerweise hinzugefügt werden, dass diese Rohstoffe nicht annähernd dafür ausreichen, den Versorgungsauftrag zu erfüllen.

Seit Mai letzten Jahres werden in den Betrieben umfassende Corona-Maßnahmen inkl. Test-Konzepte für die Mitarbeiter umgesetzt. Die Kosten für diese Maßnahmen tragen vorrangig die Unternehmen, ein Ende der Pandemiemaßnahmen ist derzeit nicht in Sicht. Abzusehende Preissteigerungen im Lebensmittelbereich, eine sich eintrübende Konjunktur und damit eine sinkende Konsumlaune der Verbraucher sowie die anhaltende Pandemie mit den teilweise verwirrenden Maßnahmen und fehlenden Perspektiven für wichtige Kunden der Ernährungsbranche wie Hotellerie, Gastronomie und Veranstaltungsbranche haben die Erwartungen der Betriebe in der Lebensmittelbranche eingetrübt.

„Es sind dringend notwendige Zukunftskonzepte zu entwickeln, um möglichst schnell ein Leben mit der Pandemie zu ermöglichen. Auch die Verbraucher müssen durch klare Perspektiven zu Konsum angeregt werden“, sagt AMV-Vorsitzender Tobias Blömer. „Sollte es hier weiter zu dem teilweise hilflosen wahlkampfgetriebenen Auf und Ab der Politik kommen, ist auch in der Ernährungsbranche mit einer kurzfristig deutlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu rechnen.“

Auch beim diesjährigen Norddeutschen Ernährungsgipfel hat der AMV das Partnernetzwerk pro agro - Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in der Region Brandenburg-Berlin e.V. an seiner Seite. Unterstützt wird der NEG auch durch die Marketingnetzwerke aus allen anderen norddeutschen Bundesländern.

"Ein Produkt ist immer nur so gut wie die einzelnen Erzeugungs- und Verarbeitungsschritte. Unsere Aufgabe und unser Ziel sind es, die Wertschöpfungsketten zu stärken und zu schärfen und diese fangen bei der Urproduktion, der Landwirtschaft an", erklärt Hanka Mittelstädt, Vorstandsvorsitzende des  Agrarmarketingverbands pro agro e.V. „Länderübergreifende Veranstaltungen wie der Norddeutsche Ernährungsgipfel bieten der Ernährungswirtschaft und der Landwirtschaft den geeigneten Rahmen und unterstreichen die Bedeutung, die diese Branchen in allen beteiligten Bundesländern einnehmen.

Gemeinsam konnten wir hochkarätige Referenten gewinnen und schaffen eine Plattform, die eine umfangreiche Vernetzung für alle Teilnehmer garantiert“, fasst sie weiter die Vorteile der gemeinsamen Veranstaltung zusammen. 

Der NEG garantiert als Plattform vielfältige Möglichkeiten für eine umfangreiche Vernetzung der Teilnehmer. Hochkarätige Referenten sorgen für einen spannenden Tag. Politische Begleitung erfährt der Ernährungsgipfel durch Wirtschaftsminister Harry Glawe und Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus (MV) sowie Staatssekretärin Silvia Bender aus Brandenburg.

Aktuelle Zahlen zum Ernährungsgewerbe in MV 2020
Die Ernährungswirtschaft ist eine verlässliche Größe in MV, die sich durch stabiles Wachstum und eine hohe Dynamik auszeichnet. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes in MV belegen die stabile Entwicklung im Bundesland mit 159 Betrieben bei 20 und mehr Beschäftigten im Jahre 2019. Die Branche sieht sich mit einer veränderten Nachfrage, teilweise schrumpfenden Binnenmärkten und mit einer verstärkten Konkurrenz konfrontiert. 89,9 % der Betriebe in MV sind klein bzw. mittelständisch. 16 der 159 Betriebe in MV beschäftigen mehr als 250 Menschen (= 10,1 %). Betriebe unter 20 Beschäftigte werden nicht umfassend statistisch erfasst. Würden sie erfasst werden, läge die Zahl der Kleinst-, Klein und mittleren Betriebe bei ca. 98 %. 

Der Umsatz im gesamten verarbeitenden Gewerbe MV weist 2020 mit 13,3 Mrd. EUR eine geringfügige Steigerung gegenüber 2019 aus (+ 0,1 Mrd. EUR) aus. Das Ernährungsgewerbe steht 2020 innerhalb des verarbeitenden Gewerbes im Umsatz weiterhin unangefochten auf Platz 1 (Anteil: 31,9 %) vor dem  Maschinenbau mit 12,1 %. Die größten Umsätze innerhalb des Ernährungsgewerbes erzielte 2020 wiederum der Bereich Schlachten und Fleischverarbeitung (26,7 %). Jeder vierte Industriebeschäftigte ist im Ernährungsgewerbe in MV tätig. 84 % des ernährungsgewerblichen Umsatzes in MV wurden 2019 in Deutschland erzielt. Für 2020 wird die Zahl Corona-bedingt noch darüber liegen.

Aktuelle Zahlen zum Ernährungsgewerbe in Brandenburg/Berlin 2020
Der Verbrauchermarkt in der Region Brandenburg-Berlin mit 6 Mio. Verbrauchern bietet ein großes Potenzial für den Aufbau von Wertschöpfungsketten aus dem ländlichen Raum (Landwirtschaft, Direktvermarktung, Ernährungswirtschaft, Handel und Gastronomie) zu den Verbraucherzentren mit Berlin an der Spitze. Die Ernährungswirtschaft gehört zu den Wachstumsbranchen. Für das Land Brandenburg ist die Branche mit 176 Betrieben, einem Jahresumsatz von mehr als 3.808 Mio. € sowie 12.069 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (in Betrieben ab 20 Mitarbeiter – insgesamt ca. 14 % der Beschäftigten des verarbeitenden Gewerbes) eine herausragende regionalwirtschaftliche Größe.

Vortragsinhalte
All diese Fragen unter Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsaspektes sind Thema des 4. Norddeutschen Ernährungsgipfels. Im Impulsreferat von Prof. eremitus Hannelore Daniel wird die „Welt der Lebensmittel und Ernährung“ mit Blick auf Gestern, Heute und Morgen beleuchtet und das „neue Neue“ als die gleichzeitige Veränderung von ganz vielen Dimensionen (Produkte, Dienstleistungen und Werte) dargestellt. Die Entwicklung der Wertschöpfungsketten und neuartiger Lebensmittel auf der Grundlage neuer Rohstoffe und ganz neuer Technologien, aber auch neuer Werte, stehen im Mittelpunkt. Neben  Genuss, Preis und Convenience ziehen neue Werte in die Kaufentscheidungen ein. Dazu zählen Umweltverträglichkeit (CO2, Wasser, Methan), Gesundheitswert, Tierwohl und soziale Dimensionen (Bsp. Fair-trade) mit gravierenden Veränderungen in den etablierten Märkten. Aus den neuen Produkten und den neuen technologischen Möglichkeiten entsteht die Herausforderung beim Konsumenten zu einer ständigen Abwägung der Werte.

Ein Beispiel: Wenn ich in vitro Fleisch konsumieren will, weil mir das Tierwohl am Herzen liegt, dann muss ich Biotechnologie und sogar „Gentechnik im Essen akzeptieren“. In diesem Umbruch des Wertekanons differenzieren sich Märkte, Versorgungssysteme und Konsumentenschaft weiter mit neuen Möglichkeiten für Produzenten und Dienstleister. 

Das verantwortungsvolle Handeln mit Lebensmitteln steht auch im Mittelpunkt der anderen Vorträge. EDEKA Nord-Geschäftsführer Stefan Giese benennt das Thema Nachhaltigkeit als eines der derzeit neun Top-Themen. Sowohl im Großhandel als auch bei den selbstständigen EDEKA-Kaufleuten wird mit  regionalen und lokal produzierenden mittelständischen Lieferanten kooperiert. Durch diese Form der Direktbeschaffung wird die mittelständische Wirtschaft gestützt, werden Arbeitsplätze vor Ort geschaffen bzw. erhalten und kurze Transportwege ermöglicht. Im Umfeld der Märkte wird darüber hinaus stets nach neuen Kontakten zu heimischen Erzeugern gesucht, so dass das regionale Sortiment weiter ausgebaut werden kann. Themen aus dem Umweltbereich ergänzen die Nachhaltigkeitskonzepte.

Das Ökodorf Brodowin als regionale Marke in Brandenburg und Berlin bildet die Wertschöpfungskette vollständig ab: Erzeugung, Verarbeitung von Lebensmitteln und Vertrieb unter einer eigenen Marke in demeter -Qualität - beispielgebend für andere.

Die Roh- und Hilfsstoffsicherung in einer ungewöhnlichen Zeit wird am Beispiel Fisch und Fischdelikatessen unter die Lupe genommen. Thomas Lauenroth ist eben seiner Geschäftsführertätigkeit im Familienbetrieb auch Vorstandsvorsitzender im Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels e.V. und berichtet über die internationale Beschaffung, u.a. der eigenen wichtigsten Rohware, den Garnelen, und darüber, wie es gelungen ist, mit guten Lieferantenbeziehungen und einem erfolgreichen Forecast Engpässe bei steigender Nachfrage zu vermeiden.

Insgesamt unterstützen 21 Sponsoren und Partner sowie 25 Produzenten die Veranstaltung. Der Ernährungsgipfel wird von einer Fachausstellung mit Dienstleistungsangeboten für die Branche begleitet.

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