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Geplantes Tariftreuegesetz für Mecklenburg-Vorpommern: Standortschädlich, mittelstandsfeindlich, kontraproduktiv

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Der Allgemeine Verband der Wirtschaft Norddeutschlands (AGV NORD) hat das von der Schweriner Landesregierung geplante Tariftreuegesetz heftig kritisiert. Das Gesetz sei standortschädlich, mittelstandsfeindlich und verfassungswidrig und werde zudem genau das Gegenteil von dem erreichen, was es eigentlich bewirken wolle: Statt die Tarifbindung zu stärken, würde die Arbeit der Sozialpartner entwertet, und statt einen fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge sicherzustellen, würden viele kleine und mittlere Unternehmen aus dem Rennen geworfen, kritisiert das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Verbandes, Dr. Nico Fickinger. Das Vorhaben gehöre daher sofort gestoppt und das Gesetz abgeschafft, zumal es mit dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und der mittlerweile für alle Branchen offenen Möglichkeit, branchenbezogene Mindestentgelte über das Arbeitnehmerentsendegesetz zwingend verbindlich zu machen, schon genügend Schutzmechanismen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebe.

„Die rot-rote Koalition sollte nicht gerade diejenigen vergrätzen, die in Mecklenburg-Vorpommern das Rückgrat der Wirtschaft ausmachen“, mahnt Fickinger. „Rund 90 Prozent der Betriebe im Land sind Kleinbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten, sie sind in den seltensten Fällen an einen Tarifvertrag gebunden, haben oft noch nicht einmal einen Betriebsrat - doch genau diese Unternehmen sind es, die im Land die Steuern erwirtschaften und für Beschäftigung sorgen. Das muss die Landesregierung endlich einmal zur Kenntnis nehmen“, kritisiert der AGV NORD-Hauptgeschäftsführer, dessen Verband rund 400 Unternehmen mit etwa 40.000 Beschäftigten vor allem in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vertritt.

Es passt nicht zusammen, sich öffentlich mit Vorzeigeunternehmen zu schmücken, sie aber dann zu diskriminieren, wenn es um die Vergabe öffentlicher Aufträge geht, rügt Fickinger. Mehr Tarifbindung entstehe nicht durch politischen Zwang, sondern durch zeitgemäße, passgenaue tarifliche Angebote. „Es wäre besser, SPD und Linke würden ihre Kraft darauf verwenden, um die Ansiedlung von mehr Industrieunternehmen im Land zu werben und die Rahmenbedingungen für die hiesige Wirtschaft zu verbessern. Denn Löhne und Beschäftigung folgen der industriellen Wertschöpfung, und in dem Punkt gibt es in Mecklenburg-Vorpommern noch erhebliches Wachstumspotenzial."

Würde das Gesetz Wirklichkeit, drohten sich viele kleine und mittelständische Betriebe aus der öffentlichen Auftragsvergabe zurückzuziehen, sagt Fickinger voraus. Der Wettbewerb würde nicht fairer, sondern deutlich eingeschränkt. Nicht nur Kostensteigerungen seien zu befürchten, womöglich kämen vermehrt Firmen mit Sitz außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern zum Zuge. „Kontraproduktiver und standortschädigender könnte ein Gesetz kaum sein.“

Auch ein Schutzbedürfnis der Beschäftigten bestehe nicht, da es nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, dem Erlass des Arbeitnehmerentsendegesetzes und der Möglichkeit, Tarifverträge unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag der Tarifpartner sowie im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss für allgemeinverbindlich zu erklären, genügend Regelungen gebe, die eine Lohnuntergrenze einziehen. „Jetzt noch ein weiteres, völlig unnötiges Paragraphenwerk obendrauf zu legen, ist ideologiegetriebener Aktionismus und schadet dem Mittelstand.“ Statt die Betriebe dabei zu unterstützen, die Einbrüche durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg aufzuholen, bürde ihnen die Landesregierung zusätzliche Lasten auf. „Erfolgreiche Standortpolitik geht anders“, so Fickinger.

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