Herbst-Konjunkturumfrage:

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Historische Höchststände in der Arbeitgeber-Unzufriedenheit mit Politik, Arbeitskostenhöhe und Fachkräftemangel

„Noch nie waren so viele Arbeitgeber der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie so unzufrieden mit der Politik, der Höhe der Arbeitskosten und dem Ausmaß des Fachkräftemangels, noch nie haben so viele Unternehmen Produktionsverlagerungen ins Ausland geplant“, resümiert Steffen Pohl, NORDMETALL-Vizepräsident für Mecklenburg-Vorpommern, die Herbst-Konjunkturumfrage von NORDMETALL, AGV NORD und den Arbeitgeberverbänden Oldenburg und Ostfriesland. NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena stellt die Ergebnisse heute Abend während des 46. Martinsgansessens mehr als 400 Gästen aus Wirtschaft, Politik, Justiz, Gewerkschaften und Gesellschaft vor, die NORDMETALL ins Hamburger Atlantic-Hotel geladen hat.

65 Prozent der norddeutschen Betriebe beklagen, dass sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland in den vergangenen sechs Monaten verschlechtert habe, der zweithöchste Wert innerhalb von sieben Jahren. Neue Gesetze bewerten 52 Prozent als erschwerende Wirtschaftsfaktoren, mehr als doppelt so viele Firmen wie im Frühjahr 2022. 85 Prozent ordnen die hohen Arbeitskosten als schwere Last für die norddeutsche M+E-Industrie ein (MV: 91 Prozent), so viele wie noch nie. 71 Prozent (MV: 68 Prozent) bewerten den Arbeitskräftemangel als erheblichen Negativfaktor. Und 21 Prozent planen als Reaktion Produktionsverlagerungen ins Ausland, gut fünfmal mehr als vor zehn Jahren -auch dies ein Höchststand. 170 Unternehmen mit rund 108.000 Beschäftigten nahmen im September und Oktober an der Befragung in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Niedersachsen teil.

„Wir müssen leider konstatieren, dass die De-Industrialisierung in vollem Gange ist, und nur gestoppt werden kann, wenn die Politik endlich massive Anstrengungen unternimmt, um die sehr schlechten Rahmenbedingungen umgehend zu verbessern“, so der NORDMETALL-Vizepräsident weiter. „Die fatalen Auswirkungen der Energiepreisexplosion müssen endlich gestoppt werden, statt durch unnötig abgeschaltete Kernkraftwerke, den lahmenden Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine politische Fehlleistung namens Heizungsgesetz verstärkt zu werden. Dem zur Arbeitskräftekrise angeschwollenen Fachkräftemangel muss die Politik endlich wirksam begegnen, die bisherigen Zuwanderungsinitiativen, Flüchtlings- und Langzeitarbeitslosen-Förderungen oder Projekte für mehr qualifiziertere Schulabgänger reichen nicht. Und wir brauchen eine Industriepolitik, die die Kräfte des Marktes durch Steuer- und Abgabensenkungen entfesselt. Die Behinderung der nötigen Transformation zur Bewältigung von Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demografischem Wandel durch überflüssige Vorschriften und wachsende Subventionen muss aufhören“, so der NORDMETALL-Vizepräsident.

Nach den schweren Einbrüchen durch die multiplen Krisen der vergangenen Jahre bewerten fast drei Viertel der Betriebe die Geschäftslage derzeit wieder als gut oder befriedigend (MV: 59 Prozent). 28 Prozent ordnen sie allerdings als schlecht oder unbefriedigend ein (MV: 41 Prozent), doppelt so viele wie im Frühjahr 2023. 67 Prozent der norddeutschen M+E-Unternehmen sind mit Aufträgen ausreichend oder hoch ausgelastet, ein Drittel jedoch nicht, was nahezu eine Verdreifachung gegenüber dem Frühjahr darstellt. Nur noch acht Prozent der Firmen sind durch Lieferengpässe stark oder sehr stark in ihrer Produktion eingeschränkt (MV: zehn Prozent), was einer Halbierung gegenüber dem Frühjahrswert entspricht.

Eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten im kommenden halben Jahr nur zwölf Prozent der Unternehmen (MV: 18 Prozent), 61 Prozent prognostizieren eine gleichbleibende Entwicklung (MV: 50 Prozent) und 27 Prozent eine Verschlechterung (MV: 32 Prozent). Besonders pessimistisch blicken die Fahrzeugbauer (negative Entwicklung: 44 Prozent) und die Hersteller von Metallerzeugnissen (42 Prozent) in die Zukunft. Um durchschnittlich 13 Prozent müssen die norddeutschen M+E-Unternehmen ihre Verkaufspreise erhöhen, um die aktuellen Preissteigerungen auszugleichen – ein Wert, der fast das Dreifache der Inflation in Deutschland ausmacht.

Nur noch 31 Prozent der Betriebe (MV: 23 Prozent) wollen die Zahl ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den nächsten drei Monaten erhöhen (Frühjahr: 46 Prozent), 17 Prozent (MV: 27 Prozent) jedoch verringern (Frühjahr: sechs Prozent). Zu erwarten wären so rund 1.200 Neueinstellungen in der norddeutschen M+E-Industrie bis zum Frühjahr 2024. Die gute oder befriedigende Verfügbarkeit von Auszubildenden hat sich für die norddeutschen M+E-Betriebe seit dem Frühjahr um ein gutes Drittel auf 37 Prozent erhöht (MV: 34 Prozent). Noch immer beklagen 63 Prozent der Betriebe (MV: 66 Prozent) jedoch den Mangel an qualifizierten Auszubildenden. 33 Prozent der Unternehmen im Norden und Mecklenburg-Vorpommern setzen bei der künftigen Deckung ihres Fachkräftebedarfs nun auch auf Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre sind.

Steffen Pohl: „Dass Deutschlands Wirtschaftsleistung 2023 im Gegensatz zu allen anderen führenden Industrieländern voraussichtlich schrumpfen wird, spricht für sich: Es ist nicht die mangelnde Attraktivität unserer hochklassigen norddeutschen Metall- und Elektroprodukte, es mangelt auch weder am Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch an der Innovationskraft unserer Betriebe: Es ist die Bundesregierung, die es weiter versäumt, eine industriefreundliche Politik umzusetzen. Das muss sich ändern, damit die De-Industrialisierung nicht fortschreitet, Arbeitsplätze erhalten bleiben und der Wohlstand nicht schrumpft“, so die Forderung des NORDMETALL-Vizepräsidenten.

 

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