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Kita - Schulen - Berufsschulen - Studium - Weiterbildung: die Politik muss endlich ihre Hausaufgaben machen!

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Dass der Lock-Down verlängert wird, war bereits abzusehen. Während die Wirtschaft nicht nur erst seit Corona geübt ist, mit unvorhergesehenen Widrigkeiten umzugehen und schnell alternative Ideen entwickelt, um den eigenen Betrieb am Laufen zu halten, ist es scheinbar für öffentliche Betreuungs- und Bildungseinrichtungen ein unlösbares Problem. Doch man muss an dieser Stelle ganz klar differenzieren, nicht die Kitas und Schulen selbst tragen die Verantwortung dafür, sondern allein die Politik, die sich mit halbherzigen Entscheidungen und ohne Konzept von Woche zu Woche weiterhangelt. Eine klare Ansage mit Strategie würde hier viel Kraft sparen – die man sinnvoller nutzen könnte. Planungssicherheit ist dringend nötig. Die Kinder sind die Leidtragenden in dieser Situation. Widerstand wird jedoch kaum von ihnen zu erwarten sein, denn sie verlassen sich darauf, dass die Erwachsenen die richtigen Entscheidungen treffen werden.

Unsere Kinder sollen die immer komplexer werdenden Herausforderungen in der Zukunft meistern und werden als nächste Generation für die Stabilität unserer Gesellschaft dringend gebraucht. Für die Wirtschaft sind sie die Fachkräfte von morgen und als solche sind sie auf eine zeitgemäße Bildung angewiesen. Neben den Betreuungsproblemen von schulpflichtigen Kindern fielen und fallen in der Corona-Krise auch wesentliche Inhalte in der schulischen aber auch beruflichen Bildung unter den Tisch. Berufs- und Studienorientierung, Sozial- und Betriebspraktika, Berufsschulunterricht der AZUBIs – alles ein Problem. Bildungsexperten warnen vor einem „Bildungsloch Corona“ - dass übrigens seit fast einem Jahr – Lehrergewerkschaften, Elternvertretungen, Bildungsexperten und auch Schülerinnen und Schüler sind sich da übereinstimmend einig: Die Politik bekommt den schwerfälligen Apparat „Bildungssystem“ nicht in den Griff.

Wie die nächsten Wochen aussehen sollen, wird kontrovers diskutiert. Ob Ferien vorgezogen oder verlängert werden sollen, ob unwichtige Fächer oder Inhalte gestrichen werden oder sogar ein „extra Jahr“ eingeführt werden soll. Alles vage, sicher ist dabei nur, dass weiter auf unbestimmte Zeit Home-Schooling stattfinden wird. Doch nicht jedes Elternteil hat die Möglichkeit, Home-Office zu machen und dazu parallel die eigenen Kinder zu unterrichten – wofür sie der Arbeitgeber im Übrigen auch nicht bezahlt. Hier muss dringend nachgebessert werden, denn Schließungen von Kitas und Schulen, stellen vor allem klein- und mittelständische Unternehmen vor das Problem, die Arbeit zu organisieren und gerecht zu verteilen.

Auch wenn Abschlussjahrgänge, Azubis und Studierende in der Regel eigenständiger lernen können, darf es nicht dazu kommen, dass aufgrund von Straffung von Unterrichtsinhalten, einer schlechten digitalen Aufbereitung von Lernstoffen und mangelnden digitalen Lernbegleitung oder der Verschiebung von Prüfungen, die Ausbildungsqualität nachlässt und Prüfungen nur schlecht oder gar nicht bewältigt werden können. Diese jungen Menschen sehen ihre angestrebten Abschlüsse in Gefahr. In dies nicht nur, diesen überhaupt zu erlangen, sondern auch mit Blick auf das mögliche Ergebnis und die damit verbundenen Chancen. So bleiben Schüler, Azubis und Studierende unverschuldet unter ihrem Potenzial und müssen Zukunftsträume beerdigen. Die angestrebten Ausbildungsplätze oder der Wunschstudienplatz, hängt im deutschen Bildungssystem von den Abschlussnoten und weniger von den wirklich erlangten Fähigkeiten und Fertigkeiten ab.

Dabei lässt sich feststellen, dass bei Schulen in freier Trägerschaft, bei betrieblicher Ausbildung in Kooperation mit privaten Bildungsdienstleistern und auch in privaten Hochschulen nach einer Anpassungsphase das Bildungsangebot mittlerweile fast reibungslos funktioniert, während es weiter in den staatlichen Bildungseinrichtungen hakt.

Das Thema digitale Bildung stand schon viele Jahre auf der Agenda – eine praxistaugliche und flächendeckende Umsetzung wurde jedoch verschleppt. Aus dem mittlerweile über 7 Mrd. Euro schweren DigitalPakt Schule und seinen zusätzlichen Corona-Programmen wurde bisher nur ein schwindend geringer Bruchteil abgerufen. Nach Schätzung von Experten sind es weniger als 10%. Hauptsächlicher Grund: bürokratische Hürden wie die zeitaufwendige Erstellung von Medienbildungskonzepten bei fehlender Unterstützung und/oder mangelnder Fachkompetenzen im Bereich digitaler Bildung.

UV-Präsident Thomas Tweer: „Kita und Schulen brauchen Vorlaufzeit für Planung und Organisation. Es frustrierend für Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerschaft und Eltern gleichermaßen kurzfristige Entscheidungen quasi über Nacht umzusetzen. Das war bereits im vergangenen Frühjahr nicht hilfreich. Leider wurden die letzten Monate nicht genutzt, um mit Kitas und Schulen gemeinsam pragmatische Regelungen zu finden, wie im Fall von Corona-Fällen geschweige einem weiteren Lock-Down einheitlich zu verfahren ist. Die kurzfristig umzusetzenden Entscheidungen rauben unglaublich viel Energie – auf allen Seiten. Diese Kritik geht eindeutig an die politischen Verantwortlichen, denn es gibt viel engagierte Erzieherinnen und Erzieher, Schulleiterinnen und Schulleiter und auch Eltern, die sich verantwortlich fühlen, einen guten Job zu machen und das mit ihren verfügbaren Mitteln und Möglichkeiten bestmöglich versuchen umzusetzen. Wir erwarten daher von der Politik, dass sie sich endlich ihren bildungspolitischen Aufgaben annimmt, Konzepte erarbeitet, die Präsenzunterricht als auch digitalen Unterricht ermöglichen. Es geht hier nicht nur um reine Betreuungsangebote, sondern um die Bildung unserer Kinder, um unsere Zukunft von heute und morgen, das sollte endlich Chefsache werden!“

Verbandsgeschäftsführerin Pamela Buggenhagen ergänzt: „Corona hat die Mängel des Bildungssystems auf verschiedene Weise offengelegt. Es ist nicht zielführend, nach Fehlern und Verantwortlichkeiten der Vergangenheit zu suchen, sondern nach Lösungen für jetzt und die Zukunft. Dazu gehört es Bildung neu zu denken, der Bildungsföderalismus aus dem vorletzten Jahrhundert hat sich überholt. Aktuelle Lehrpläne decken heute unzureichend ab, was Heranwachsende an Wissen und Fähigkeiten brauchen, um ihre und die Zukunft erfolgreich gestalten zu können.

Wissen vervielfacht sich durch die Digitalisierung rasend schnell, Lehrpläne veralten schon beim Erstellen. Für Lehrerfortbildungen gilt dasselbe. Das enge Zusammenspiel von Bildung, Gesellschaft und Wirtschaft fehlt. Jeder denkt und handelt in seinem Ressort. Wir reden über Wirtschaft 4.0 und diskutieren über Vor- und Nachteile von Arbeitswelt 4.0, sind aber in Bildungsfragen noch in der Steinzeit. Wir brauchen entrümpelte Lehrpläne, zeitgemäße Lerninhalte und moderne Lernformate. Bei allem muss deutlich mehr Praxisbezug und praxisnahes Lernen eine Rolle spielen. In der Bildung können wir nicht weiter im Dämmerschlafmodus verharren. Es gibt viele tolle Ideen und Konzepte. Schauen wir zu den privaten Anbietern oder unseren skandinavischen und baltischen Nachbarn.“

Vize-UV-Präsidentin Dagmar Hoffmann: „Zum Sommer- und Wintersemester in 2020 wurden insgesamt mehr Fernstudierende als jemals zuvor an der Hochschule Wismar eingeschrieben. Vor allem über praxisrelevante Inhalte, App-basiertes Onlinestudium und ein hohes Servicelevel verlieren wir auch in Corona-Zeiten den Kontakt nicht zu unseren Studierenden und können helfen, wenn Probleme auftauchen oder Fragen entstehen. Unabhängig von Corona, ist für immer mehr Menschen das Fernstudium eines der zentralen Instrumente der Weiterbildung und des beruflichen Fortschrittes geworden. Aber auch andere kürzere Qualifizierungsangebote werden immer wichtiger – für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Hier sollte die Politik mehr Geld für in die Hand nehmen, sei es über die Finanzierung von Bildungsurlaub oder Bildungsprämien und -gutscheinen. Aber auch die Bildungsdienstleister selbst könnten noch professioneller agieren, wenn die Qualifizierung ihrer Beschäftigten finanziell unterstützt würde. “

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