Corona-Ausbildungsprämie zündet nicht
Die regionalen Unternehmerverbände MVs fordern:
• Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern" nachbessern und verlängern
• Einstiegshürden absenken
• Für besonders betroffenen Branchen Regel ändern: Prämie, wenn Ausbildung überhaupt weiter erfolgt – nicht nur bei gleichem Stand wie in den Vorjahren
Die vom Bund aufgestellten Azubi-Prämien aus dem Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern" sollten motivieren, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Corona-Krise weiterhin Auszubildende einzustellen. Ende Oktober waren bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) 41.700 Lehrstellen weniger als ein Jahr zuvor gemeldet. Mit Blick auf die derzeitige mehr als unsichere Lage und der kaum absehbaren Entwicklungen, kann man schon jetzt von einer großen Zurückhaltung hinsichtlich der Ausbildung im Jahr 2021 ausgehen.
Es mehren sich die kritischen Einschätzungen zu dem Programm. Die Beantragung ist aufwendig und die Hürden sind zu hoch, um überhaupt in den Genuss dieser Förderung zu kommen. Damit bleibt der Kreis der Unternehmen, die davon überhaupt profitieren könnten, sehr klein. Da in vielen Unternehmen schon im Winter über das kommende Ausbildungsjahr nachgedacht und entsprechend geplant wird, sollte das Programm jedoch dringend nachgebessert und dann auch verlängert werden.
Der geforderte Umsatzrückgang als Bedingung für die Prämie ist zu hoch. Darüber hinaus ist nicht klar, warum nur Firmen bis zu 250 Beschäftigten unterstützt werden. Eine Ausweitung auf Betriebe bis 500 Mitarbeiter wäre sinnvoll. Die Prämie kann bisher nur für Azubis beantragt werden, die ab dem 1. August eingestellt wurden. Es gibt aber auch Azubis, die ihre Lehre am 1. Juli begonnen haben. Auch diese Betriebe fallen durchs Raster.
Nach der bisherigen Regel wird die Prämie von 2.000 Euro für jeden neuen Lehrling - oder 3.000 Euro, wenn ein Betrieb die Ausbildung sogar aufstockt oder Lehrlinge aus einem Betrieb übernimmt, der wegen Corona schließen musste - nur gezahlt, wenn das Unternehmen im ersten Halbjahr mindestens einen Monat in Kurzarbeit war oder der Umsatz im April und Mai mindestens um 60 Prozent im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahresmonaten eingebrochen ist.
Und noch eine Hürde: Nur wenn gleich viele Ausbildungsverträge für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossen werden, wie im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019, gibt es dies Prämie als einmaligen Zuschuss in Höhe von 2.000 Euro je Ausbildungsvertrag. Es wird also nur belohnt, wer wie gehabt, weiter ausbildet. Viele fragen sich aber, ob sie überhaupt ausbilden können – und das betrifft bereits jetzt schon das kommende Ausbildungsjahr.
Ein Beispiel aus einem Hotelbetrieb, wo jährliche Schwankungen der Azubi-Einstellungen normal sind, zeigt die Schwächen dieser Einschränkungen: „Im Jahr 2020 haben wir trotz der Corona-Krise 3 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Im Ausbildungsjahr 2017/2018 haben wir 2 Ausbildungsverträge, im Ausbildungsjahr 2018/2019 3 Ausbildungsverträge und im Ausbildungsjahr 2019/2020 6 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Die Arbeitsagentur hat uns mitgeteilt, dass wir keinen Anspruch auf die Ausbildungsprämie haben, da wir nur 3 neue Ausbildungsverträge geschlossen haben, der Durchschnitt der letzten Jahre liegt jedoch bei 3,66 Auszubildenden.
Ich bin davon ausgegangen, es gäbe eine Prämie, wenn man trotz der Corona Krise weithin Lehrlinge ausbildet bzw. neue Lehrverträge eingeht. Das haben wir getan. Nun kam die Absage. Wer stellt denn in der Krise mehr Lehrlinge ein, als in der Boomzeit – und das in unserer besonders betroffenen Branche? Ich dachte tatsächlich, es wäre eine Prämie dafür, dass man in Krisenzeiten trotzdem neue Lehrverträge eingeht.“ (Kai Laude / Direktor / VILA VITA Anneliese Pohl Seedorf)
Diese Prämie sollte diejenigen Unternehmen in besonders betroffenen Branchen belohnen, die trotz der schwierigen Lage ausbilden. Und dies, ohne die Hürden so hoch anzusetzen, dass sie kaum erreichbar sind. Es sei denn, es sollte nur eine politisch motivierte und medienwirksame Maßnahme sein.